Hilfe für Patienten mit Netzhauterkrankungen

Viele Tausend Menschen in Deutschland sollen von chronischen Netzhauterkrankungen betroffen sein. Wer die Krankheit rechtzeitig erkennt, hat gute Chancen, damit umgehen zu lernen. Ein neues Beratungsangebot in Münster hilft dabei.

Man kann nicht sagen, wen es trifft und welche Symptome auftreten. Das Sehen fällt plötzlich schwer. Mal ist es Nachtblindheit, mal ein stark eingeschränktes Gesichtsfeld, mal ein Buchstabentanz beim Lesen – alles ist möglich bei einer chronischen Netzhauterkrankung. Menschen in den besten Jahren können genauso betroffen sein wie Kinder oder Jugendliche.

Weil es so viele verschiedene Erkrankungen dieses Typs gibt – die Selbsthilfevereinigung „Pro Retina“ stellt auf ihrer Homepage allein 23 vor – gibt es keinen einheitlichen Verlauf. „Netzhauterkrankungen sind die häufigste Ursache von Erblindung von Unter-50-Jährigen“, sagt Dr. Georg Spital vom Augenzentrum am St.-Franziskus-Hospital. Therapeutische Optionen gebe es kaum.

Wer die Diagnose erhält, fällt also in ein tiefes Loch. Für viele steht der Alltag auf dem Spiel: die Schule, der Beruf, die Familienplanung. Dabei gibt es durchaus Hilfe – Hilfe von Menschen, die ebenso betroffen sind und sich deshalb bestens mit einer solchen Krankheit und ihren Folgen auskennen. Im St.-Franziskus-Hospital gibt es jetzt eine Sprechstunde für Patienten mit erblichen oder erworbenen Netzhauterkrankungen; eine Kooperation des Augenzentrums mit der „Akademie des Sehens“ und „Pro Retina“. An jedem ersten Dienstag im Monat stehen ehrenamtliche Berater – selbst Betroffene – ab 10 Uhr im Franziskus-Carré als Ansprechpartner zur Verfügung.

Sie stellen die neue Sprechstunde vor (v.l.): Heike Ferber (Beraterin) mit "Anton", Ruth Forschbach ("Pro Retina"), Dr. Georg Spital (Augenzentrum Franziskus), Melanie Soppe (Betroffene), Christiane Bernshausen (Beraterin) und Ursula Witt (Akademie des Sehens).

Stellen die neue Sprechstunde vor (v.l.): H. Ferber (Beraterin) mit „Anton“, R. Forschbach („Pro Retina“), Dr. G. Spital (Augenzentrum Franziskus), M. Soppe (Betroffene), Ch. Bernshausen (Beraterin), U. Witt (Akademie d. Sehens)

Worum geht es dabei? Zunächst um den Trost, mit einer solchen Krankheit nicht allein zu sein: „Wir können aus dem Wirrwarr von Dr. Google weiterhelfen“, sagt Ruth Forschbach von „Pro Retina“. Schließlich gebe es heute zahlreiche Hilfsmittel – von Lupen bis zu Schrifterkennungs-Apps auf dem Smartphone. Es sei auch nicht so, dass Betroffene überhaupt nichts mehr erkennen könnten: „Man lernt, im Alltag damit umzugehen, aber es ist ein langer Weg“, sagt Christiane Bernshausen, die selbst Betroffene und Beraterin ist.

Text und Bild: Lukas Speckmann, in: Westfälische Nachrichten, 03.09.2019